Liebes Tagesbuch,

heute habe ich es mal wieder nicht geschafft, den Mund aufzukriegen. Eigentlich will ich doch so gerne mit anderen reden, aber stattdessen erstarre ich zu Eis. Von außen denken dann alle, dass ich arrogant bin und wollen gar nichts mit mir zu tun haben. Warum muss ich immer so verdammt schüchtern sein? 

Kennt ihr das auch? Es ist die Geschichte meines Lebens. Schon als kleines Kind war ich super schüchtern, und das hat sich bis ins Teeniealter nicht geändert. Freunde in der Schule (und später auch im Studium) zu finden fiel mir schwer. Und während andere sich darauf gefreut haben, abends mit dem geliehenen Personalausweis der Schwester auf den Kiez zu schleichen, habe ich Ausreden gesucht, nicht mitzukommen. Fremde Leute und Gedränge machten mir Angst, auf Partys fühlte ich mich fehl am Platz. Natürlich wirkte ich dann gelangweilt und überheblich, weil ich nicht wie alle anderen am socializen war, sondern mich in irgendwelchen Ecken rumgedrückt habe – unsichtbar und gequält.

lettersandbeads-fashion-schüchtern-eine-frage-der-einstellung-90s-look-title

Dabei hatte ich mein Mauerblümchen-Dasein schon immer satt. Stets lag ich mit mir selbst im Streit darüber, dass ich doch einfach mal aus mir rausgehen und mit anderern Leuten in Kontakt treten sollte. Gleichzeitig aber dachte ich: “Warum können Leute nicht auf mich zukommen, wenn sie was von mir wollen? Ich hab doch gerade eh nichts zu sagen”.  Aber so einfach ist es leider nicht. Man kann nicht von anderen erwarten, dass sie einen retten.

lettersandbeads-fashion-schüchtern-eine-frage-der-einstellung-90s-look-2

lettersandbeads-fashion-schüchtern-eine-frage-der-einstellung-90s-look-1

Schüchternheit ablegen? Das geht!

Auch wenn es alles andere als leicht fällt: wer schüchtern ist muss über seinen Schatten springen und andere ansehen, ansprechen. Nur so kann man diesen selbst auferlegten Käfig verlassen. Jetzt denken sich vermutlich viele: “Das ist leicht daher gesagt. Ich kann das eben einfach nicht, auf andere zugehen und sie ansprechen.”

Doch, das könnt ihr. Die Angst vor anderen Leuten ist keine Ausrede, mit der man sich für seine Schüchternheit entschuldigen kann. Und wie bei vielen anderen Ängsten ist die Konfrontation der beste Weg, um die Phobie vor fremden Menschen loszuwerden. Klar wird das am Anfang nicht leicht fallen. Aber hier ist es ein bisschen wie beim Fitness; je öfter man es macht, desto einfacher wird es.

lettersandbeads-fashion-schüchtern-eine-frage-der-einstellung-90s-look-3

Wie also geht das, nicht mehr so schüchtern zu sein?

Der erste Step ist ganz klar die Körpersprache. Der Blick zum Boden, die Schultern hängen gelassen, Schmollmund – das alles wirkt alles andere als aufgeschlossen. Niemand kann eure Gedanken und euren Wunsch nach Austausch mit anderen lesen. Wohl aber die Zeichen eures Körpers. Und wenn euer Blick offen und auf Augenhöhe liegt, und ihr mit geradem Rücken Stärke ausdrückt, dann seht ihr aus wie jemand, der gerne neue Leute kennen lernen möchte. Auch, wenn ihr euch in dem Moment nicht so fühlt, seht ihr selbstbewusst aus. Und im ersten Moment reicht das schon vollkommen.

Schon kann’s passieren, dass man tatsächlich angesprochen wird. Und jetzt? Worüber reden? Je nach Kontext ergeben sich viele Möglichkeiten. Lernt man zum Beispiel Freunde von Freunden kennen, kann man fragen, wie diese sich kennengelernt haben. Lernt man ganz fremde Leute kennen, sind die Möglichkeiten auch endlos. Studierst du? Arbeitest du? Wo denn? Gefällt es dir dort?

lettersandbeads-fashion-schüchtern-eine-frage-der-einstellung-90s-look-5

lettersandbeads-fashion-schüchtern-eine-frage-der-einstellung-90s-look-7

Die Fremdartigkeit anderer Menschen sollte einem keine Angst machen (auch wenn Trump es einem gerne glauben machen will). Im Gegenteil, sie bietet einem selbst so viele Chancen, zu wachsen und dazu zu lernen. Denn wie Bill Nye auch schon richtig erkannt hat: “Jeder, den du triffst, weiß etwas, das du noch nicht weißt”. Und ist das nicht eigentlich total genial? Lass es zu, neugierig zu sein. Lass zu, dass du mit deinem Gegenüber vielleicht sogar anderer Meinung sein wirst. Konflikte sind nicht immer schlecht, sondern können neue Ideen schaffen – und vielleicht sogar neue Freundschaften.

lettersandbeads-fashion-schüchtern-eine-frage-der-einstellung-90s-look-7

Kleid: Zara (ähnlich hier*)

Pullover: Brave Soul*

Tasche: handgenäht (ähnlich hier*)

Schuhe: H&M (ähnlich hier*)

Netzstrumpfhose: C&A (ähnlich hier*)

Kurzum: lerne, Spaß an der Auseinandersetzung mit der Meinung anderer zu haben. Wie gesagt, je öfter man mit anderen Leuten spricht, desto leichter fällt es einem. Und desto mehr Geschichten und Ideen kann man sammeln, die man wiederum neuen Kontakten weitergeben kann.

Fake it ’til you make it

Eines Abends bei einigen Gläsern Wein sagte mir eine Kollegin, dass ich bei meiner Vorstellungsrunde am ersten Arbeitstag total selbstbewusst rüber gekommen bin. Für mich ist das das beste Kompliment, das ich seit langem bekommen habe. Ich fühlte mich an meinem ersten Tag natürlich total nervös und hätte gedacht, dass meine Aufregung für alle extrem sichtbar wäre – und mir unangenehm. Aber die Eigenwahrnehmung kann eben doch ganz schön von dem abweichen, was andere in euch sehen!

Und auch, wenn man es nicht schafft, die eigene Persönlichkeit zu verändern und extrovertiert zu werden, helfen die Tipps oben immerhin, nicht mehr vollkommen schüchtern zu sein. Wie gesagt, es reicht immer schon, so auszusehen, als hätte man seine Angst voll im Griff – irgendwann wird es nämlich tatsächlich so sein.

Habt ihr auch manchmal mit Schüchternheit zu kämpfen, oder habt Tipps dagegen? Verratet es mir in den Kommentaren!

LG Biene

DIY | Beauty | Nachhaltigkeit